Mood: Exhausted but
satisfied
An unseren beiden freien
Tagen diesen Mittwoch und Donnerstag, haben André, Joavana und ich
uns mit dem Greyhound Bus auf den Weg nach Squamish gemacht, um dort
Paul zu besuchen. Unser Ziel: den berühmt-berüchtigten Chief
erklimmen, von dessen Peak man eine tolle Aussicht mit 360° Blick
auf ganz Squamish haben soll. Schon allein die Fahrt dorthin war ein
Traum: die ehemalige Indianerstadt Squamish wird von einem Fluss
durchlaufen, der das Quellwasser aus den Bergen mit sich führt und
dessen eisblaue Farbe sich auch noch weit über den Pazifik
erstreckt, in den der Fluss mündet. Und genau entlang diesen Teils
des Pazifiks, vorbei an den Klippen und Bergen, ging unsere Fahrt
nach Squamish. In Squamish angekommen, begann unser Abenteuer: Paul
holte uns mit einem klapprigen und alten Auto ab, dessen Batterie so
leer war, dass wir vor jedem Start des Autos zunächst die Motorhaube
öffnen und das Auto mit Hilfe eines Starthilfekabels anlassen
mussten. Als wir nach langem hin und her endlich auf dem Parkplatz
vor dem Chief ankamen, hatte sich das Wetter leider gegen uns
entschieden: sehr bewölkt und verregnet. Nachdem zumindest der Regen
aufgehört hatte, stiegen wir also aus dem Auto aus und begannen
unseren Aufstieg auf den Berg. Der „Weg“ (der aus einem Haufen
von Steinen und Wurzeln und sehr sehr vereinzelten Holztreppen, die
nahezu senkrecht nach oben gingen, bestand), zog sich gefühlte
endlose Höhenmeter nach oben. Als wir völlig erschöpft etwa ein
drittel des Berges erklommen hatten und an eine Lichtung kamen, von
der wir einen tollen Blick auf die umliegenden Berge hatten und der
„Weg“ auch nicht so aussah, als ob man noch weiter gehen könnte,
dachten wir: Yes! We did it! Aber falsch gedacht: es ging tatsächlich
noch weiter nach oben und wer sich vorher über den steilen Weg über
Felsen und Wurzeln beschwert hatte, wünschte sich diesen nun
sehnlichst zurück, denn ab hier begann das wahre Abenteuer. Nun ging
es nämlich wirklich nahezu senkrecht nach oben, in den absolut
glatten Felsen waren Eisenketten und schmale Leitern eingelassen, an
denen wir uns auf allen Vieren krabbelnd langhangelten, während sich
nur einige Meter neben uns die Klippen ins Tal auftaten. (Zwei Dinge
müssen hier angemerkt werden: 1. Zeitweise waren wir uns wirklich
unsicher, ob dieser „Weg“ tatsächlich für die Öffentlichkeit
bestimmt war – denn dass man sich an Ketten entlanghangelt, ohne
jegliche Begrenzungen entlang des Abhangs, würde es in Deutschland
definitiv nicht geben. Und die Tatsache, dass wir etwa 500m vor dem
Peak ein EKG Paddle fanden, bestärkte unsere Zweifel. 2. Mir ist es
bis jetzt ein Rätsel, wie ich diesen Trip mit meiner Höhenangst
vereinbaren konnte – wahrscheinlich war ich viel zu sehr damit
beschäftigt mich festzuklammern als dass ich noch groß Zeit hatte
mir weitere Sorgen zu machen.) Doch als wir dann endlich auf einem
Felsplateau ankamen von dem es zu allen Seiten nur noch nach unten
ging, wussten wir: Wir haben es geschafft! We made it to the peak!! Und
trotz des schlechten Wetters und auch trotz meiner Höhenangst (denn
ja, als ich oben stand und weit und breit nichts außer den Abhängen
nach unten sah, stellte sich auch endlich das wohlbekannte mulmige
Gefühl bei mir ein, allerdings ohne die gewohnten Panikattacken),
war der Ausblick trotz des trüben Wetters einfach atemberaubend
schön: wir blickten auf der einen Seite auf die Stadt Squamish und
den durch das Gletscherwasser gefärbten eisblauen Pazifik, während
wir von den anderen Seiten auf teilweise nahe gelegene, teilweise
weit entfernte, Berge und Wälder blickten. Von dort aus sahen wir
jedoch auch eine große dunkle Wolkenfront auf uns zukommen und
begannen also bald wieder den Abstieg (der sich übrigens auch als
ziemlich knifflig erwies und den ich heute – zwei Tage danach –
noch mehr als deutlich in meinen Waden und Oberschenkeln spüre).
Endlich unten angekommen, fuhren wir völlig erschöpft und
durchgeschwitzt zum Anwesen von Pauls Landlords (denn ja, anders kann
man das Gelände auf dem er derzeit wohnt nicht nennen). Nachdem wir
alle frisch geduscht waren, kochten wir die zuvor eingekauften Nudeln
mit Chili con Carne und quatschten noch über dies uns das bis es
fast zwei Uhr Nachts war und wir erschöpft ins Bett gingen.
The Way Up To The Peak:
On The Peak:
Am nächsten Morgen
bereiteten wir uns dann ganz traditionell kanadisch einen riesigen
Haufen Blueberry Pancakes mit Maple Sirup zum Frühstück vor. Und da wir
alle ziemlich erschöpft vom Vortrag waren, vertrieben wir uns die
restliche Zeit am wunderschönen Fluss Squamishs und machten uns
Nachmittags wieder auf den Rückweg nach Vancouver. Alles in allem
also ein wunderschöner Kurzurlaub!